"Begegnung am Zuber"

01. Juli 2006

Bundespreis für Projekt an der Grundschule Allersberg

tl_files/nagel_stiftung/bilder/2006Juli_BegegnungenZuber.jpgWie wurde früher gewaschen und gewrungen? In der Begegnung mit älteren Menschen lernten die Grundschüler aus Allersberg viele „neue“ Dinge und bekamen ganz nebenbei den Allianz Generationen Förderpreis. Foto: privat

ALLERSBERG (car) – „Begegnungen“ heißt der Titel des dicken Buches. Ein farbenprächtiges buch voller Begegnungen von jungen und alten Menschen, Kleinen und Großen, Kindern und Erwachsenen. Dieter Rieß hat es zusammengestellt, dazu noch eine DVD. Inhalt: ein Projekt, das die Grundschule Allersberg fast ein Schuljahr lang begleitet hat. Lohn: Für die „Begegnungen“ gibt es den Bundespreis und 5000 Euro.

Rückblick: Nach dem Tsunami Weihnachten 2004 wollte auch die Grundschule Allersberg Geld für Opfer und Wiederaufbau spenden. In der Schule wurde jeden Mittwoch Kuchen verkauft, und im vergangenen Sommer überreichte die Schule bei ihrem ersten „KulTürchen“ fast 1500 Euro an Anton Nagel vom gleichnamigen Versicherungsbüro zur direkten Weitergabe.

Anton Nagel, den die Atmosphäre in der Schule begeisterte, bot den Lehrern die Teilnahme an einem anderen Projekt an: „Allianz Generationen Förderpreis“. Konrektor Dieter Rieß war Feuer und Flamme und machte sich mit seiner vierten Klasse auf die Suche nach „Begegnungen“.

Baden in der Blechwanne

Diese Begegnungen waren vielfältig. Zum Beispiel besuchte Bürgermeister Bernhard Böckeler die Kinder in der Schule und erzählte aus seiner eigenen Kindheit im Allgäu – von einem Paar Ski für die fünf Geschwister oder vom Baden in der Blechwanne. Der Opa eines Viertklässlers berichtete, wie er als Kind Flitzebogen baute und warum seine Stoffschuhe trotz der eisigen Kälte im Winter keine Nässe durchließen.

Bei einem Spieletag im Altenheim wurden Dame, Mühle und Schach aufgestellt, danach ließen sich die Senioren von Gameboys und Laser-Light-Tennis begeistern. Der zehnjährige Roman wunderte sich: „Alle Leute, die alt sind, haben als Kind kein Elektrospielzeug gehabt. Das verblüfft mich total.“ Und die Kinder sangen mit den Altenheimbewohnern sowohl „Ein Männlein steht im Walde“ als auch das moderne Emanzenlied vom Herrn Holle, der die Betten noch etwas ungeschickt ausschüttelt.

Waschkessel geschürt

Beim Besuch im Kindermuseum in Nürnberg kochten und wuschen Kinder, Groß- und Urgroßeltern gemeinsam nach altem Vorbild: Der Waschkessel musste geschürt, die Wäsche im Zuber geschrubbt und von Hand gewrungen werden. Bis die Butter wirklich Butter war, zeigten etliche Quirler schon Ermüdungserscheinungen, und das Kartoffelschälen für die Suppe ließen sich einige lieber von der Oma zeigen.

Das Schreiben mit Feder und Holzgriffel in alter Sütterlinschrift probierte währenddessen eine dritte Klasse aus und holte sich dabei mehrere blaue Finger, beim Hutmacher Brömme ließen sich die Kinder zeigen, wie ein Konformator die Kopfgröße misst, und Verena war fasziniert, dass der Filz für die Hüte aus Hasenhaaren stammt.

Dieter Rieß war mit seinen Schützlingen nicht nur vielfach auf Achse, er nahm dazu immer die Eltern und Großeltern mit, einige band er in das Projekt gezielt ein. So lud die frühere Konrektorin der Schule zur Kirchenführung ein, der Schnapsbrenner zeigte hinter seiner Brennerei alte Felsengänge, und Club-Co-Trainer Dieter Lieberwirth konnte als Vater eines Viertklässlers die ganze Meute zum Training der Bundesligamannschaft mitnehmen.

Rieß organisierte, filmte, fotografierte und führte seine kids durch die Begegnungen mit anderen Generationen und erlebte dabei, „dass ich kein einziges Mal die Stimme heben musste.“ Im Gegenteil: viele der älteren Herrschaften attestierten ihm: „Da haben Sie aber eine tolle Truppe beieinander.“

Gegenseitiger Respekt

So zieht Rieß – trotz vieler Arbeits- und späterer Dokumentationsstunden – ein begeistertes Fazit: „Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, weil die Kinder und die Erwachsenen ein neues Bild voneinander bekommen haben.“ Gegenseitiger Respekt voreinander sei eine automatische Folge, „und die älteren Menschen haben erkannt, dass die Kinder gar nicht so schlimm sind wie sich dachten.“

Möglich sei das alles nur, weil Anton Nagel vom Allianz-Büro Türen geöffnet, Museumsbesuche teilweise komplett gesponsort und etliche Kontakte hergestellt hat. Der erstmalige Förderpreis für das Generationenprojekt bekommen er und die Grundschule am 26. Juli dann gemeinsam überreicht, das Preisgeld von 5000 Euro geht ungeteilt an die Schule. Und Dieter Rieß weiß auch schon, wo es landet. „Wir haben eine phantastische Theatergruppe“, schwärmt er. Scheinwerfer und Mikrofone sollen davon bezahlt werden, außerdem kann die „hervorragende Mathematiklernwerkstatt“ auch noch Material gebrauchen. Was mit dem Rest des Geldes passiert, werden die Lehrer noch entscheiden, aber das Ergebnis wird nicht lang auf sich warten lassen.

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